Pubertät: Handhaben von Aggression gegen Mutter.
Ich wäre nicht ehrlich zu dir, wenn ich dir versprechen würde, mit einem Blogartikel könnte ich diese Thematik lösen. Vorneweg aber eine gute Nachricht: Gewalt ist immer eine Form von Hilflosigkeit, von Ohnmacht oder Überforderung. Dies soll einfach erst einmal den Fokus etwas wegnehmen vom Suchen nach Schuldigen.
Schauen wir also das Ganze aus dieser Perspektive an und versuchen herauszufinden, was macht dein Kind so hilflos?
Unterschied von Aggressionen und Respektlosigkeit
Die Pubertät ist für die Jugendlichen eine Phase der Selbstfindung und Bewältigung von Konflikten. Besonders Konflikte, die sie mit sicher selbst austragen. Wenn du unter der Respektlosigkeit leiden, solltest du folgenden Beitrag lesen. Jetzt mehr erfahren!
Wie entsteht Aggression gegen Mutter während der Pubertät?
Zuerst möchte ich aber mit ein paar allgemeinen Informationen zur Pubertät beginnen, bevor ich dir ganz konkret ein paar Inputs und Tools in die Hand gebe, damit du individuell für dich passende Lösungsansätze angehen kannst.
In der Pubertät verändert sich nicht nur der Körper massiv, sondern auch das Gehirn befindet sich in einer Umbauphase. Stelle dir vor, dein Haus wird umgebaut und du wohnst trotzdem drin. Nichts mehr ist an seinem Platz und viel Unvorhergesehenes raubt dir viel Energie. Trotzdem musst du den Alltag meistern und auch noch zukunftsweisende Entscheidungen treffen.
Nachts schläfst du schlecht, weil der Umbau nicht so läuft, wie du es dir vorgestellt hast. Morgens weckt dich in aller früh der Umbaulärm, obwohl du jetzt doch endlich den Schlaf gefunden hast. Dann beginnt der nächste Tag, du bist übermüdet. Tag für Tag läuft dies so und du musst dich mit verschiedenen Handwerkern auseinandersetzen, die leider nicht immer alles zu deiner Zufriedenheit erfüllen.
Ich hoffe, dieses etwas unkonventionelle Beispiel mit einem Hausumbau erleichtert es dir ein klein wenig die Gemütslage deines Kindes und damit auch eine gewisse Aggression in der Pubertät nachzuvollziehen.
Nun, der Umbau deines Hauses ist wahrscheinlich absehbar, aber die Pubertät deines Kindes dauert meistens um einiges länger.
Wollen wir jetzt noch konkreter auf die Pubertät eingehen. Viele Erwachsene sind der Meinung, da mussten wir alle auch durch. Ja stimmt schon, aber erstens haben die Zeiten sich geändert und jeder Mensch ist anders. Hier auf die veränderte Welt und die vielen Einflüsse einzugehen, würde den Rahmen aber etwas sprengen.
Versuchen wir also beim Wesentlichen zu bleiben. Früher als je zuvor scheinen Kinder heute zu Jugendlichen zu werden. Sie sind einem riesigen Medienangebot ausgesetzt, nutzen die vielfältigen Möglichkeiten des Internets und kommunizieren via Facebook, Instagram etc. Doch erwachsen zu werden bedeutet mehr, als sich von den Eltern zu lösen. Die Teenager müssen zu Schönheitswahn, Drogen, Alkohol, nicht zu unterschätzen die ersten sexuellen Erfahrungen und vielen anderen Dingen eine Haltung entwickeln.
Auch für Eltern ist die Erkenntnis nicht leicht, dass der Zug in gewisser Hinsicht abgefahren ist. Dies ist jedoch nicht so schlimm, wenn du noch im Zug sitzt, jedoch vielleicht in einem anderen Wagen. Bleib in Kontakt mit deinem Kind.
Dein Kind übernimmt Eigenverantwortung
Die Zeit ist gekommen, wo dein Kind eigene Entscheidungen treffen möchte und deine Aufgabe dabei „nur“ noch ist, da zu sein, vor allem wenn etwas schiefgeht. Du sollst zum Sparringspartner deines Kindes werden und die Rolle des besserwisserischen Versorgers verlassen.
Wir müssen darauf vertrauen, dass unser Kind sein Bestes gibt, auch wenn uns das Ergebnis nicht immer gefallen mag. Ich möchte da noch weiter gehen und behaupten: Das Allerwichtigste ist jetzt Vertrauen, Vertrauen und nochmals Vertrauen. Nicht dass dein Kind, das tut, was du als erwartest, sondern das Vertrauen, dass dein Kind im Rahmen seiner persönlichen Erfahrung bestmögliche Entscheidungen trifft.
Werfen deine Schuldgefühle, vielleicht etwas falsch gemacht zu haben, über Bord und steh deinem „selbstdestruktiven Kind“ bei.
Lass es selbst Entscheidungen treffen. Respektiere seine Meinung und frag dein Kind, ob es Unterstützung möchte. Halte nicht stündige Vorträge, sondern gib zwei bis drei Ratschläge. Du darfst auch deine Ängste und Sorgen erzählen aber dies nicht vorwurfsvoll, sondern mit einer „Ich“ Botschaft.
Jetzt habe ich dir schon ein paar Inputs gegeben, möchte aber, soweit mir dies möglich ist, noch etwas konkreter auf deine Thematik eingehen. Vielleicht hast du sogar schon ein paar Antworten gefunden auf die „etwas schwierige“ Beziehung zwischen dir und deinem Kind.
Eine Übung, die Abhilfe schaffen kann:
So oder so bitte ich dich, dich in einem ruhigen Moment mal hinzusetzen. Nimm ein grosses Blatt Papier und schreib in die Mitte den Namen deines Kindes. Rundherum schreibst du jetzt alles auf, was du an deinem Kind liebst, was dich stolz macht und was dein Kind für dich einzigartig macht.
Dann darunter die Sachen, die es in deinen Augen schon ziemlich erwachsen erledigt. Auch wenn der Streit vielleicht wie eine dunkle Wolke vor deiner Sicht schwebt, versuche dies wegzuschieben und lassen die Sonne hervor. Helfen kann dir dabei manchmal auch etwas weiter zurückzugehen. Genieße dann diesen Moment, wo du dieses Blatt Papier betrachtest.
Als nächsten Schritt überlegst du, wann es begonnen hat, dass dein Kind und du so aneinandergeraten sind? Vielleicht hast du da schon ein paar Erkenntnisse (denke dabei an den Umbau, den ich dir weiter oben beschrieben habe). Hast du deinem Kind zu viel zugetraut oder etwa zu wenig?
Nun in einem nächsten Schritt, schreibe mal auf, über was du mit deinem Kind streitest und bei welchen Gelegenheiten dein Kind aggressiv reagiert.
Teile diese Erkenntnisse dann in 3 Sparten:
- Ist mir so wichtig, dass ich nicht darüber wegsehen kann.
- Ist mir wichtig, aber vielleicht kann ich es überdenken.
- Nervt mich, aber ist jetzt nicht so schlimm.
Sei ehrlich, aber auch ein bisschen nachsichtig.
Den nächsten Schritt solltest du jetzt gemeinsam mit deinem Kind machen. Versuche in einem guten Moment (auf keinen Fall im Streit) mit deinem Kind ins Gespräch zu kommen. Sage ihm, dass du dich entschuldigen möchten, für die schwierige Zeit gerade haben miteinander. Du möchtest dies ändern und bräuchtest dazu seine Unterstützung.
Wenn es gerade nicht möchte, akzeptiere dies und bitte dein Kind, dir einen Termin zu geben. So signalisierst du, dass du dein Kind ernst nimmst und seine Bedürfnisse etwas wert sind. Ist dann der Zeitpunkt gekommen, zeige deinem Kind erst dein großes Blatt.
Lasse es einfach wirken, ohne zu kommentieren. Vielleicht entsteht schon daraus ein Gespräch, vielleicht aber auch nicht.
Frage dann dein Kind, ob es sich vorstellen könnte, mal aufzuschreiben, bei welchen Gelegenheiten es aus seiner Sicht zu Streitereien kommt. Diese solle es dann auch in 3 Sparten einteilen (wie du es gemacht hast).
Nun kannst du gemeinsam mit deinem Kind jeweils aus deiner Auflistung sowie aus der Auflistung deines Kindes eine Verhaltensweise auswählen und gemeinsam überlegen, wie dies verändert werden könnte.
Falls es schwierig ist, dies umzusetzen, versuche es herunterzubrechen in kleinere Schritte (kleines Beispiel, das jetzt vielleicht lächerlich erscheint und du wirst noch mehr lachen, wenn du meine Verkleinerung des Schrittes lesen wirst, aber versuche es und du wirst überrascht sein): Ändere “räum bitte dein Geschirr in die Spülmaschine” zu “räum bitte deine Gabel in die Spülmaschine”. Macht dein Kind dies wortwörtlich am nächsten Tag, sage danke.
Habe den Mut, klein anzufangen und du wirst Großes erreichen. Aber vergiss nicht auch deine eigenen Schritte sollen gemacht werden und dies unabhängig davon, ob dein Kind seine “Aufgaben” macht.
Zum Schluss wünsche ich dir viel Durchhaltewillen und den Mut, jederzeit neue kleine Schritte zu wagen.
Eins sei aber noch gesagt: Es beweist immer Stärke, sich Hilfe zu holen.
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